Pfarrkirche St. Magnus in Waldburg
Ein Bauwerk aus dem Jahr 1525, erbaut an einem geschichtsträchtigen Ort
Geschichtliches zur Kirche St. Magnus
Im frühen 8. Jahrhundert entstand hier eine Siedlung, aus deren Leonhardkapelle die heutige Kirche St. Magnus hervorgegangen ist. Leonhard (+um 559) war ein fränkischer Adeliger und später französischer Einsiedler. Er wurde zu einem beliebten Bauernpatron. 1327 wurde die Leonhardskapelle wieder neu erbaut. Dieser Bau dient noch heute als Unterbau des Turmes und war bis 1835 Sakristei der St. Magnuskirche.
1525, also in dem Jahr, in dem der Waldburger Bauernjörg die Bauernkriege niederschlug, wurde die heutige Pfarrkirche wahrscheinlich zum Dank für diesen hochdotierten Erfolg im gotischen Stil erbaut. Nachdem im 30-jährigen Krieg 1632 die Kirche geplündert wurde, wurden 1663 neue Altäre errichtet, von denen die beiden Seitenaltäre, die Maria und dem hl. Magnus geweiht sind, noch erhalten sind. 1725 wurde der Chor erhöht, die Kirche barockisiert und der gotische Hochaltar durch einen barocken ersetzt, den die Grafen von Waldburg stifteten. 1748 wurde die Kirche um die Hälfte nach Westen verlängert und die Decken barock bemalt (Verkündigung, Marientod, Aufnahme in den Himmel).
1835 wurde die Sakristei an der Südseite angebaut mit neuer Habnit-Grablege. 1951 wurde die Sakristei erweitert, das Habnitgrab geöffnet, die Gebeine erhoben und in einen silbernen Schrein gefasst (hinter dem Hochaltar sichtbar, Habnitgrabstein im Eingangsbereich). 1962 wurde der Kirchturm auf 25,61 m erhöht. (Marienglocke von 1516 Biberach, Arme Seelenglocke von 1626 Lindau, Magnus und Konrad Glocke 1950 Villingen, 3 wertvolle Glocken kamen aus den Kriegen nicht mehr zurück).
Die Ausstattung der Kirche St. Magnus
Das versenkbare Bild des Hochaltars, 1725 gemalt von Gabriel Weiss aus Wurzach, zeigt Maria, umgeben von den Patronen des Hauses Waldburg: Willibald kniend, erster Bischof von Eichstätt (700-787); Wunibald (+761), Abt, Stifter eines Doppelklosters in Heidenheim; Walburga, Äbtissin in Heidenheim (710-779). Ebenso zeigt das Hochaltarblatt den Bischof Nikolaus mit den drei Goldkugeln. Er ist der Patron der Burgkapelle; den hl Leonhard mit der Kette und den hl. Andreas mit dem Andreaskreuz.
Hochaltar mit den seitlichen Figuren von Richard und Wuna, den Eltern der Erbpatrone des Hauses Waldburg
Die großen Figuren am Hochaltar zeigen Richard und Wuna, die Schwester des hl. Bonifatius. Sie waren Adelige in Wessex und die Eltern von Wunibald, Willibald und Walburga. Truchsess Heinrich von Waldburg erhob die drei Geschwister im Jahr 1604 zu Erbpatronen des Hauses Waldburg.
Hinter dem versenkbaren Altarbild befindet sich in reich geschnitztem, vergoldeten Rokokogehäuse und herrlichem Barockschrein die barock gefassten Gebeine der hl. Romula (die kleine Römerin). Im September 1725 wurden diese Reliquien einer früh christlichen Martyrerin, die ursprünglich aus der Priscilla Katakombe in Rom stammen, feierlich von Wolfegg nach Waldburg geleitet. Seitdem gibt es am dritten Sonntag im September jährlich das mit einer Prozession begangenen Romulafest, das Waldburger Heimatfest. Auf dem Hochaltar stehen noch die kleinen Statuen des Bischofs Gebhard II. von Konstanz (949-995) und des Bischofs Ulrichs von Augsburg mit Fisch (890-973).
Im linken Chorfenster ist der hl. Bonifatius, der Apostel Deutschlands abgebildet, dem seine Neffen und Nichten Willibald, Wunibald und Walburga bei seiner Missionsarbeit halfen. Im rechten Chorfenster die hl. Walburga.
Der Magnusaltar zeigt den Missionar des Allgäus in lebensgroßer Darstellung als Abt seiner in Kempten und Füssen gegründeten Klöster. Und dann steht der heilige Kaiser Heinrich II im Hermelinumhang auf der Altarseite und sein Schwager, der heilige Stefan, König von Ungarn im 11. Jahrhundert. Der Altarabschluss oben zeigt eine Anna Selbdritt.
Links sehen wir den Marienaltar mit spätgotischer Madonnenfigur, neu gefasst um 1480. Links und rechts von Maria steht der hl. Leonhard mit Kette, Patron der Gefangenen, des Viehs und gegen Pest. Und für die Jakobspilger ist der hl. Apostel Jakobus der Ältere mit Pilgermuschel sichtbar.
Der Marienaltar mit der spätgotischen Madonnenfigur (um 1480)
An der Längswand sehen wir eine Pieta um 1500. Und über dem einstigen nordseitigen Eingang zur Kirche einen spätgotischen hl. Magnus und eine Darstellung des hl. Sebastian aus dem 17. Jahrhundert.
In der Wandnische steht die Figur des seligen Habnit, eines nur lokal verehrten Seligen. Ihm war auf dem Friedhof eine eigene Grabkapelle gebaut, die 1835 abgebrochen wurde. Er war im 16. Jahrhundert heilkundiger Hirte in Neuwaldburg für das Vieh der Dorfbewohner. Er wird als Heiler und Helfer kranker Kinder bis zum heutigen Tag verehrt. 1997 baute ihm die Bürgerwehr in Neuwaldburg eine moderne Habnitkapelle.
Die älteste Figur der Kirche ist die Darstellung Christi als Salvator mundi (Erlöser der Welt) mit Wanderstab und Weltkugel. Sie ist um 1340 in der Werkstatt des Meisters Heinrich von Konstanz geschaffen worden.
Jesus als Salvator Mundi (um 1340)
Über dem Seiteneingang ist die hl. Walburga angebracht mit Ölfläschchen (Walburgisöl). Dann ein hl. Michael aus dem 18. Jahrhundert, der einst über der Kanzel stand und die hl. Lioba, die erste Äbtissin von Tauberbischofsheim (+ um 782).
(Text: Anton Hirschle)
Die Orgel in St. Magnus
Die Orgel in St. Magnus wurde von dem damaligen Orgelsachverständigen Heinrich Hamm, Kirchenmusiker an der Basilika in Weingarten, konzipiert und disponiert. Erbaut wurde sie 1983 von der Orgelbaufirma Johannes Karl, Aichstetten, und von Orgelbaumeister Eddy Ottes intoniert. Sie löste die alte Orgel der Firma Link von ca. 1900 ab. 21 Register verteilen sich auf zwei Manuale und Pedal. Register- und Spieltraktur sind rein mechanisch. Das Klangbild entspricht dem neobarocken Ideal, das bei den damaligen Orgelneubauten überwiegend verfolgt wurde. Das Einweihungskonzert spielte Heinrich Hamm.
Seit vielen Jahren wird die Orgel betreut und gewartet von Orgelbaumeister Eduard Wiedenmann, Oberessendorf.
(Text: Markus Heilig)
Ein Ort der Fürbitte
Pünktlich zum Romula-Fest am Sonntag, den 18. September 2022 ist der „Ort der Fürbitte“ in St. Magnus installiert worden. Die ersten Entwürfe stammen von Menschen aus unserer Seelsorgeeinheit, die sich während des Prozesses „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten gestalten“ zur Gemeindeentwicklung von 2015 bis 2019 zusammengefunden haben. Aus einer Befragung der Gemeindemitglieder war hervorgegangen, dass sich viele Menschen einen Ort in der Kirche wünschen, an dem sie ihre Bitten und Sorgen, ihren Dank und weitere Anliegen in Verbindung mit einer brennenden Kerze „ablegen“ können. So entstand in Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinderäten die Idee zum „Ort der Fürbitte“, der diese Bedarfe in sich vereint. Inzwischen stehen in unseren 3 Kirchen solche Kunstwerke.
In Waldburg wurde die Fürbitt-Stele von der Fa. Längle in Holz und Glas umgesetzt.
Eine unter der Kerze eingebaute Schreiblade zum Herausziehen und ein Fach darunter mit Stiften und Papier bietet Ihnen die Möglichkeit, eine Bitte, einen Dank oder ein Anliegen aufzuschreiben und in den Einwurfschlitz zu werfen. Ihre Anliegen werden regelmäßig ins stille Gebet bei unseren Sonntagsgottesdiensten hineingenommen.
(Text: B.W.)